Aller Anfang

– Es ist ein Junge, sagte die Hebamme.
Sie hielt es mit einem Gefühl des Triumphs in die Höhe, dann legte sie das Kind auf Elisas Brust. Ihr Körper wurde noch immer von Weinkrämpfen geschüttelt, erst nach und nach wurde ihr bewusst, dass das Kind lebte, dass alles überstanden war, dass es einen Gott gab, der über sie und ihr Kind wachte und immer wachen würde.
Die Hebamme holte ein Fläschchen aus ihrer Tasche hervor.
– Mach den Mund auf, sagte sie.
Elisa gehorchte benommen, und die Hebamme tropfte ihr eine scharf und bitter schmeckende Flüssigkeit auf die Zunge.
– Schön runterschlucken, sagte sie.
– Was ist das?, fragte Elisa matt.
Die Flüssigkeit brannte eine Spur auf ihre Zunge und weiter in die Kehle hinunter.
– Ein Substrat aus einem Giftpilz. Ich muss dir noch den Schnitt nähen, und das wird den Schmerz erträglicher machen.
– Das hätte ich früher gebraucht, sagte Elisa.
– Ohne Schmerzen kann man kein Kind gebären. Der Schmerz ist die Antriebsfeder, antwortete die Hebamme. Sonst hätten wir den Burschen nie herausbekommen.
– Man kann es auch übertreiben, sagte Elisa.
Noch einmal würde sie so etwas bestimmt nicht überstehen.

Sie wischte Niko, der zufrieden an ihrer Brust nuckelte, mit ihrer verschwitzten Hand über den kahlen Kopf. Nach den letzten Stunden schien ihr diese Sanftheit fast unnatürlich, als habe sie wirklich erwartet, der Schmerz würde nie mehr aufhören und sie den Rest ihres Leben quälen.
Die Hebamme wartete einige Minuten, dann begann sie mit ihrer Arbeit. Elisa blickte in das Gesicht ihres Kindes, das die Augen zu einem kleinen Faltenhaufen zusammenkniff, während es die Milch aus ihren Brüsten sog.
– Ist es gesund?, fragte sie.
Die Hebamme zögerte.
– Ich hoffe es, sagte sie. Er wäre fast erstickt, aber ich denke, er hat es gut überstanden. Genau kann man das aber jetzt noch nicht wissen.
– Es ist gesund, ich weiß es, sagte Elisa.
Die Hebamme lächelte, während sie mit Nadel und Zwirn den Damm wieder zusammennähte. Elisa spürte keinen Schmerz. Sie fühlte sich wunderbar leicht, eine angenehm warme Müdigkeit breitete sich in ihr aus.
– Deine Mixtur ist herrlich, sagte sie.
Die Hebamme grinste.
– Ich hoffe, du nimmst mir die Beschimpfung nicht übel, den Schlag ins Gesicht. Aber manchmal gibt das den Frauen die nötige Kraft zurück, verstehst du? Das war nicht persönlich gemeint.
– Ich habe das schon wieder vergessen, sagte Elisa. Ich bin nur froh, dass es vorbei ist.
Die Hebamme reinigte Schere und Nadel mit heißem Wasser und verstaute die Utensilien in ihrem Koffer.
– Ich werde jetzt deinen Mann rufen.

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